Eine Rede, bald 60 Jahre alt, gehalten anlässlich der Verleihung des Büchner-Preises; ihr Thema ist die deutsche Teilung und eine aus ihr resultierende Identität, deren erstes Merkmal Zerrissenheit ist. Der Redner, Hans Magnus Enzensberger, spricht im alten Text zuweilen sehr gegenwärtig.
Ganz am Ende der Rede steht die Zurückweisung einer populären Wendung: Der Dichter sei nicht das Gewissen der Nation, dies sei eine hochtrabende, alberne und leere Phrase. Nicht von der Höhe eines Besserwissens oder Besser-Sagenkönnens richtet Enzensberger folglich seine Worte ans Publikum. Stattdessen hat er den Anspruch, auszusprechen, was jeder weiß und worüber gerade deshalb nicht geredet wird. Es geht um das, was uns selbstverständlich ist und was zugleich das Fundament eines jeden Selbstverständnisses ausmacht – unsere Identität. Die Kaperung des Begriffs von rechts musste Enzensberger seinerzeit gar nicht erst antizipieren; bereits damals ging der Nationalismus mit ihm hausieren. In der Preisrede nun erfolgt die Auseinandersetzung mit der Identität Hand in Hand mit dem Nachweis der Hinfälligkeit des Konstrukts Nation. Damals wie heute ist der Zusatz gerechtfertigt: ausgerechnet. Die Identität ist für Enzensberger nichts, was einem von außen verordnet werden könnte. Geschehe dies, so handele es sich um eine Zumutung; beide deutschen Staaten waren ihr ausgesetzt. Westdeutsche Freiheit war die amerikanische, ostdeutsche Gleichheit die sowjetische – samt ihrer jeweiligen Entstellungen. Eine deutsche nationalstaatliche Identität – ohnehin seit jeher wackelig aufgrund des historischen Sonderwegs, zudem gerade erst mit dem Menschheitsverbrechen schlechthin belastet –, gab es fortan nur mehr samt Aporien: „Wir gehören zwei Teilen eines Ganzen an, das nicht existiert; zwei Teilen, von denen jeder leugnet, Teil zu sein, und jeder auftritt im Namen des Ganzen und als wäre er ganz.“ (Hans Magnus Enzensberger, Darmstadt, am 19. Oktober 1963., in: Ders., Deutschland, Deutschland unter anderm. Äußerungen zur Politik. Frankfurt am Main 1967, S. 15.) Die Tatsache, dass sich Nationen per Federstrich ein- und aussetzen lassen, belegt nicht allein ihre Hinfälligkeit – wie Enzensberger an anderer Stelle anmerkt (vgl. Hans Magnus Enzensberger, Über die Schwierigkeit, ein Inländer zu sein in: Ders., Deutschland, Deutschland unter anderm. Äußerungen zur Politik. Frankfurt am Main, 1967); sie macht zugleich auch die Hilflosigkeit des Unterfangens deutlich, die Identität ans Nationale zu koppeln. Der Begriff der Nation ist ebenso gespenstisch wie eine Identität, die sich mit Treueschwüren und Liebesbekundungen zur ihr hervortut.
So weit zur negativen Bestimmung der Identität bei Enzensberger. Wo sich der Dichter ihr positiv nähert, deutet sich ihr dynamischer Charakter an. Sie unterläuft den nationalstaatlichen Rahmen und transzendiert ihn zugleich: „Zwischen dem Einzelnen und dem Ganzen kann nur Herkunft und Erinnerung vermitteln, und wer sich selbst verstehen und seiner Identität sicher sein will, der muß sich identifizieren.“ (Enzensberger, Darmstadt, am 19. Oktober 1963, S. 17) Die Betonung von Herkunftserfahrungen setzt die Identität zwangsläufig in den Horizont des (Noch-)Nicht-Identischen. Ständige Fremdheitserfahrungen werden zum Antrieb ihrer Entwicklung, die zu keiner Zeit vor irgendwelchen Ländergrenzen Halt gemacht hat. Identität sucht im Kontakt mit anderen Menschen nicht allein nach Selbstbestätigung; stets geht es ihr auch um Selbsterschütterung – darum, von den Erfahrungen des Anderen zu erfahren. Ihre einzige Konstante ist Veränderlichkeit.
Nun die entscheidende Frage, in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts innerhalb zweier deutscher Staaten so aktuell wie in der Gegenwart eines geeinten Deutschlands: Wie viel Identifikation zwischen Ost- und Westdeutschen gibt es? Wie viel Fremdheit in der Begegnung mit dem Anderen war man bereit zuzulassen? Die Antwort, die Enzensberger für die Vergangenheit gibt, hilft, auch das Heute zu verstehen. Damals stand man sich in Feindschaft gegenüber: den Deutschen auf der anderen Seite der Mauer galt nur das Schlechteste, auf dass es ihren Untergang beschleunige; beständiges Widersprechen um des Widersprechens willen; Häme über jeden Misserfolg der vermeintlichen Brüder und Schwestern, Missgunst über ihre Erfolge. Ein Wir gab es seinerzeit doppelt, gesamtdeutsch existierte es nur in der Beschwörung. Daher Enzensbergers Urteil: „Die Zerrissenheit ist unsere Identität.“ (ebd., S. 22) Von dieser Diagnose ist es ein sehr weiter Weg zu echter deutscher Einheit.
Der Rat des Dichters, um Verbesserungen herbeizuführen, ist bescheiden gewesen. Er bestand darin, einander Hilfe zu leisten – das, was man noch fast jedem diktatorischen Regime in fernen Erdwinkeln angedeihen ließ, auch den Nachbarn zukommen zu lassen. Für die Bundesrepublik hätte dies bedeutet, wirtschaftlich zu unterstützen. Dies sei, so Enzensberger, zwar nur das „Zeichen eines Anfangs“ (ebd., S. 24), noch dazu eines armseligen, aber doch der einzige Anfang, der gemacht werden könne (vom Wirtschaftswunderland, möchte man hinzufügen). Und wenn nun zurückgeblickt wird auf die Jahrzehnte der Teilung, auf die Wende ’89 als auch auf die Zeit danach, so macht es den Eindruck, als sei man bei diesem armseligen Anfang stehengeblieben. Mehr als eine gedeihende Wirtschaft, die vielerorts noch dazu ausblieb, ausbleiben musste, war nicht im Angebot. Diese Hilfe hat sich auf den Anderen gar nicht eingelassen. Sie wollte überwältigen; den Ostdeutschen in einen Westdeutschen verwandeln, möglichst reibungslos. Für die Ostdeutschen wurden die Zumutungen aus Moskau durch jene aus Bonn ersetzt. Identität zu schaffen, hätte nach der Wende bedeuten müssen, eine Vergangenheit in Teilung anzunehmen. Von Ostdeutschen jedoch ist stillschweigend verlangt worden, ihren Teil vollends zu verwerfen. So wurde Identifikation zur Einbahnstraße in das vermeintlich uneingeschränkt gelungene, westdeutsche Erfolgsmodell. Werden sich Enzensbergers Worte vergegenwärtigt, wie wichtig Herkunft und Erinnerung für die Identität seien, so wird das Verhängnisvolle der abverlangten Selbstverleugnung erkennbar. Wie selbstverständlich ist den ehemaligen DDR-Bürgern zugemutet worden, eine Identität anzunehmen, die ihnen größtenteils äußerlich war und ist. Die Alternative hätte darin bestanden, die von außen aufgenötigte, jahrzehntelange Feindschaft zu thematisieren. Es hätte herausgefunden werden können, wie wenig Wissen es tatsächlich über den Anderen gab. Auf diesem Austausch, der eine Vergangenheit in Zerrissenheit hätte diagnostizieren müssen, hätte eine gemeinsame Identität aufbauen können, nicht verstanden als eine geronnen-statische Selbstvergewisserung (wie sie gegenwärtig von rechts propagiert wird), sondern als eine unabgeschlossene, prozesshafte Identität.
Sie hätte die Westdeutschen vor Ignoranz, Desinteresse und Besserwisserei, die Ostdeutschen vor der Entwertung ihrer Biografien und fehlgehender Nostalgie bewahren können. Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sich für ehemalige DDR-Bürger von heute auf morgen sämtliche Prinzipien des Zusammenlebens änderten, hätte zugleich exakt jene Prinzipien zur Debatte gestellt, die den neuen Bürgern nun von außen zugemutet wurden. Dass der bundesrepublikanischen Demokratie etliche Schwächen zu diagnostizieren waren (und sind), hätte im Übrigen nichts mit einer nachträglichen Idealisierung der DDR zu tun gehabt. So argumentiert nur, wer noch im Feindschaftsdenken verfangen ist. Im Gegenteil: Was die Verklärung der Diktatur im Osten anbelangt, hat die Verweigerung, sich miteinander zu verständigen, weit mehr Schaden angerichtet als es eine unmittelbare Aufarbeitung der Teilung je vermocht hätte. Nicht nur in Russland, auch in Ostdeutschland werden längst die alten Kleider neu aufgetragen, gibt es eine Secondhand-Zeit. So taufte Swetlana Alexijewitsch die Wiederkehr des Sowjetmenschen im heutigen Russland. Die Zumutungen des Kapitalismus lassen die Vergangenheit strahlen. Aus dem von Alexijewitsch dokumentierten Chor sei hier exemplarisch eine Stimme herausgegriffen – die einer Ärztin: Sie betrauert vergangene Größe (der feuchte Humus Putin’scher Kraftmeiereien); beklagt, alles sei zur Ware geworden, Gemeinschaft kaum mehr zu finden; die Hoffnung auf ein besseres Morgen sei nachhaltig dahin; Geistiges sei nichts mehr wert: „Niemand wird mich je davon überzeugen, dass uns das Leben nur gegeben ist, damit wir gut essen und schlafen.“ (Swetlana Alexijewitsch, Secondhand-Zeit. Leben auf den Trümmern des Sozialismus. 2. Aufl., Frankfurt am Main 2015, S. 113) Natürlich habe all dies seinen Preis gehabt – den der Not, des Betrugs, der Unfreiheit. „Vielleicht war das ja ein Gefängnis, aber mir war in diesem Gefängnis wärmer.“ (ebd., S. 111) Der kurze Schwenk nach Russland hat einen Grund: Denn obwohl der Kapitalismus ungleich roher über Russland als über die DDR kam, schallt einem Ähnliches, 30 Jahre nach dem Mauerfall, auch aus der brandenburgischen Provinz entgegen – aus Prenzlau etwa, von einem Rentner: Es mangele an Zusammenhalt unter den Menschen, auch an Gerechtigkeit; eine Gemeinschaft gebe es nicht mehr. „Heute muss jeder nach sich selbst schauen, um zu überleben.“ (Steffen Winter, Der Ost-Komplex, in: Der SPIEGEL, Nr. 35, 2019) Auf seine persönliche Freiheit könne er verzichten, käme denn nur die soziale und finanzielle Sicherheit zurück.
Die Verklärung der Vergangenheit ist enorm, aber letztlich doch nur Symptom. Weder wünscht sich wohl jene russische Ärztin den stalinistischen Terror zurück noch der ostdeutsche Rentner den im tautologischen Überschwang beschworenen real existierenden Sozialismus, der keiner war. Von der Vergangenheit wird aufgeklaubt, was sie – wenn überhaupt – nur in Spurenelementen, zumeist jedoch allein vorgeblich war. Man klammert sich umso fester an die leeren Versprechungen der Propaganda von einst, je stärker sich die von ihr ausgemalten Schrecken einer kapitalistischen Gesellschaft nachträglich bewahrheiten. Nicht Verklärung von Diktatur steht im Vordergrund, sondern tiefe Unzufriedenheit mit dem Status quo. Sensibler als bei jedem Westeuropäer dürfte im Osten, bei den Gewendeten, das Sensorium für die Schwächen des ihnen zugemuteten Regierens und Wirtschaftens sein. Fehlende Gewöhnung macht die Bedrängnisse des Kapitalismus deutlicher spürbar; mit Vehemenz versucht sich der Brecht-Satz aus Mahagonny Geltung zu verschaffen: Aber etwas fehlt!
Doch dies ist eine Perspektive, die den wirtschaftlichen Anschluss übersteigt, indem sie dessen Wesen infrage stellt; genau deshalb kann sie nicht zugelassen werden. Wer sich dennoch der gespenstischen Identität zu entziehen versucht, wird mit Marginalisierung und Spott gestraft. Lässt sich etwas kapitalistisch nicht eingemeinden, wird es zur Kasperei, zum Spektakulum degradiert, um es zu entschärfen. Vom Leben ehemaliger DDR-Bürger bleibt, was ein vorgeschütztes Interesse in regelmäßigen Ostalgie-Wellen zu Markte tragen kann; dies nicht allein, um an exotischen Zonen-Leben zu verdienen, sondern auch um einander die eigenen Vorurteile zu bestätigen. Im Extremfall, wenn man denn wirklich gar nichts vom ehemaligen Feind wissen will, heißt der kleinste gemeinsame Nenner: Trabant und Spreewaldgurke. Verklärung, den Ostdeutschen gerne zum Vorwurf gemacht, wird so am durchschlagendsten kapitalistisch besorgt. Derart schürt unverminderte Ignoranz aus dem Westen Deutschlands Wut und Enttäuschung über entwertete Biografien, gebrochene Versprechen, darbende Regionen und vergreiste Dörfer. Was dem Osten bleibt, ist zu empören – indem etwa die DDR schöngeredet oder die AfD gewählt wird. Hier erntet das Land die wurmstichigen Früchte einer verfehlten Siegerpolitik. Das bundesrepublikanische Durchschnittsbewusstsein ist aus der jahrzehntelangen Feindschaft mit dem Gefühl herausgekommen, uneingeschränkt im Recht gewesen zu sein. Klagen aus dem Osten erstickt zuverlässig der Verweis auf transferierte Gelder. Und so gewann man zwar Brandenburg und Thüringen, Mecklenburg und Sachsen hinzu – jedoch abzüglich vieler ihrer Bewohner. Früh hat der Soziologe Wolfram Burisch vor dem ideologischen Gehalt des Wortes Wiedervereinigung gewarnt (vgl. Francesca Vidal, Ungleichzeitigkeit – ein Begriff der Ideologiekritik. Zur Verwendung der Kategorie ‚Ungleichzeitigkeit‘ in den Arbeiten von Wolfram Burisch, in: Dies. (Hrsg.), Die Gegenwart des Ungleichzeitigen, in Erinnerung an Wolfram Burisch (Bloch-Jahrbuch 1995/96). Mössingen-Talheim 1996.) Es nähre die Illusion eines abgeschlossenen Geschichtskapitels, als habe Deutschland sich mit dem Fall der Mauer in seiner Natürlichkeit wiederhergestellt. Die drei Nachwendejahrzehnte haben gezeigt, wie berechtigt diese Warnung gewesen ist: Als Störfall der Geschichte ist die Zeit der Teilung aus ihr hinauskomplementiert worden. Vielvernommene Rufe, die Mauer müsse nun endlich auch aus den Köpfen verschwinden – gewissermaßen auf das „Wieder“ der Vereinigung insistierend –, sind unter den geschilderten Voraussetzungen der sicherste Weg, sie zu stabilisieren.
Sprachpolitische Verlogenheit, in beiden deutschen Staaten, machte auch Enzensberger in seiner Preisrede zum Thema. Ihre einseitige Auflösung bezeugt am klarsten die hier beschriebene Einseitigkeit des Identifikationsprozesses nach ’89. Ganz selbstverständlich ist uns heute, dass die Volkskammer eine Kammer war, in der das Volk nichts zu melden hatte, oder dass jene Macht Arbeiter- und Bauernmacht hieß, die über Arbeiter und gegen Bauern ausgeübt wurde. Nicht ganz so selbstverständlich ist uns, dass diejenigen, die mit dem Schutz der Verfassung beauftragt sind, zuverlässig den Bruch mit ihr vollziehen oder dass derjenige, der dem Land verrät, was ihm blüht, als Landesverräter enden kann. NSA und NSU gaben in der jüngeren Vergangenheit Gelegenheit, hinter den Schleier dieser sprachlichen Verdrehungen zu blicken. Allein, die Regierungsparteien möchten nicht recht spinksen – mutmaßlich, weil sie das Unrecht bereits kennen, das in ihrem Namen unvermindert fortgeschieht. Wie kenntnisreich nun könnten Ostdeutsche berichten, was Massenüberwachung und staatlicher Pranger in einer Gesellschaft anrichten – wenn sie denn gehört würden. Was stattdessen durchdringt, sind – wie oben angedeutet – vor allem Enttäuschung und Wut. Sie entzünden sich insbesondere an der Flüchtlingspolitik.
An diesem Aspekt zeigt sich das ambivalente Verhältnis vieler Ostdeutscher gegenüber der gespenstischen, ihnen zugemuteten Identität. Nicht allein wird versucht, vor ihr in eine Vergangenheit zu fliehen, die es gar nicht gegeben hat; zuweilen – in der Konfrontation mit dem Fremden – wird sie auch umarmt. Um nicht mehr Paria und Kasperle zu sein, wird die Zumutung, die einem abverlangt wurde, auch den Neuankömmlingen aus fernen Weltwinkeln aufgebürdet. Je fragwürdiger sie einem selber erscheint, desto energischer und unnachgiebiger erfolgt die Projektion der gespenstischen Identität auf den Fremden. Der besonders aufrechte Patriot – wider die Überfremdung des Abendlandes – empfängt seinen Eifer vor allem von den eigenen Fremdheitserfahrungen. Es wird sich hierbei sowohl des Zerrbildes einer geronnenen, nationalstaatlichen Identität als auch des vornehmlichen Abhebens auf den ökonomischen Aspekt bedient. Hierüber wird der Fremde in ein Paradoxon verstrickt, aus dem es für ihn kaum ein Entrinnen gibt: Er ist als Zerstörer eines unverrückbar definierten Deutschtums nahezu allmächtig und zugleich, als ungelernter, sprachunkundiger Schwächling, ein schmarotzender Eindringling in die Sozialsysteme. Die Abschaffung Deutschlands besorgt er, indem er die Hände aufhält. So irr geht es tatsächlich zu im Weltbild der Neuen Rechten.
Doch dies Widersinnige hat seinen Nährboden; es führt dasjenige ins Extrem, was gesellschaftlicher Konsens ist – an den Flüchtlingen werden ähnliche Fehler begangen wie einst (und fortgesetzt) an den Ostdeutschen: Integration ist zuvorderst eine ökonomische; ihr Alpha und Omega ist der Arbeitsplatz. Der Gedanke, dass Menschen auch Ideen und Lebensweisen mitbringen könnten, die diskutierens-, vielleicht sogar übernehmenswert sind, dürfte selbst vielen Anhängern der Willkommenskultur fremd sein. Der Fremde wird gebraucht – als Paketbotin, Fahrradkurier und Altenpfleger. So werden auch hier Identitäten amputiert, Verständigung verweigert, Fremdheit zementiert und falsche Idealisierungen wahrscheinlich. Das Land bedarf wohl mehr denn je der Selbsthilfe, die Enzensberger eine Hilfe nennt, die uns hilft, zu uns selbst zu kommen. „Bis dahin werden wir, glaube ich, nichts zu feiern haben.“ (Enzensberger, Darmstadt, am 19. Oktober 1963, S. 25)