Auf dieser Seite erscheinen Essays zu politischen und kulturellen Themen. In ihnen werden keine tagesaktuellen (bzw. mittlerweile minutenaktuellen) Nachrichten wiedergekäut. Dieser Wettlauf lohnt die Teilnahme nicht, zumal er aufgrund des wahrscheinlichen Abdriftens auf Halbinformationen und Spekulationen ohnehin keinen Gewinner kennt. Stattdessen sollen, zumeist ausgehend von einzelnen Beobachtungen, Themen aus Vergangenheit und Gegenwart als auch solche allgemeiner Natur in neues, mindestens jedoch ungewöhnliches Licht gesetzt werden. Wenn die Beiträge diesem Anspruch annähernd so oft genügen können wie sie ihn verfehlen werden, haben sie ihre Daseinsberechtigung bereits erworben.

Die erwähnten Beobachtungen können Zeitungsartikeln, Büchern oder Filmen entnommen sein. Sie dienen als Aufhänger für die Texte, die sowohl durch vorsichtiges Herantasten als auch durch gelegentliche Polemik gekennzeichnet sind. Die Ausführungen schwanken zwischen Analyse und Kommentierung und sind gewiss nicht in der Lage letzte Wahrheiten zu liefern. Die Essays sind keine Konserven, deren Inhalt nur mehr konsumiert werden muss. Als Versuche bedürfen sie der Widerrede und Ergänzung, mitunter vielleicht auch der Korrektur.

Ebenso wenig wie sie der Schlussstein von Debatten sein sollen, sind die Beiträge bloße Spekulation. Häufig basieren sie auf Online- und Printtexten von Zeitungen und Magazinen, sodass all diejenigen, die das Gebrüll von der „Lügenpresse“ und den „Systemmedien“ einem gesund-dosierten Misstrauen gegenüber dem Journalismus vorziehen, an dieser Stelle nicht auf ihre Kosten kommen werden. Wer sich gerne im Sumpf der Verschwörungstheorien und Totschlagargumente suhlt, für den bietet das Internet ausreichend anderweitige Angebote.

Entsprechend verweist der Titel  des Blogs („Die Asymptote“) auf eine Annäherung der Texte an ihren jeweiligen Gegenstand, in der Hoffnung deren Wesen so nahe wie möglich zu kommen. Grundlage hierfür soll, aller mitunter vorhandenen Vehemenz im Vortrag zum Trotz, eine intellektuelle Bescheidenheit sein – das Wissen, mit der eigenen Meinung keine unverrückbaren Wahrheiten zu verkünden, weil immer Argumente übersehen werden können, Fehlschlüsse möglich sind. Diese Bescheidenheit ist eine elementare Voraussetzung jeder Debatte; sie ist gegenwärtig immer seltener anzutreffen.


„Wenn man irrt, gelangt man zur Wahrheit! Ich bin deshalb Mensch, weil ich irre. Zur reinen Wahrheit kann man nicht gelangen, ohne vierzigmal geirrt zu haben, oder auch hundertundvierzigmal, und das ist ehrenvoll in seiner Art. – Irre nur, aber irre auf deine Weise! In der eigenen Weise zu irren ist fast besser als Wahrheit auf fremde Weise. Im ersten Falle ist man Mensch, im zweiten ein plappernder Papagei.“ (Dimitrij Rasumichin in Fjodor Dostojewskijs „Schuld und Sühne“)