Wider blindes Expertentum

Wo es arbeitsteilig zugeht, ist der Experte nicht weit. Gegenwärtig krabbelt er aus allen Winkeln, die Universität spuckt ihn zu Zehntausenden aus (einer ihrer Tribute an die Wirtschaft), Zeitungen und Fernsehanstalten scheint er zum Fetisch geworden zu sein. Mit dem Expertentum drängen die Debatten vor allem auf Entscheidungen, nicht so sehr auf Erkenntnis. Nicht ein argumentativer Austausch, der auf ein Gegenüber im Gespräch angewiesen ist und sich auf größere Zusammenhänge einlässt, der aufs Zuhören setzt und auch mit einem offenen Ende leben kann, sondern das feste Resultat beherrscht den Zeitgeist – derweil der vermeintliche Gesprächspartner möglichst geschlagen im Staub der Debatte liegen soll. Weiterlesen

Eine konturlose Welt – Über den sowjetischen Totalitarismus

Die Revolution, ja jeder kleine Aufruhr ruft zunächst „Freiheit“, womit zuvorderst die „Befreiung“ von bestimmten Zuständen oder Personen gemeint ist (Isaiah Berlin). Stellen sich Erfolge ein, so ist die Freiheit vollkommen exponiert und ungeschützt – sie kann einem leicht wieder genommen werden. Uneingeschränkte Freiheit kann auch eine Bürde sein; sie zu delegieren, es sich bequem zu machen, erscheint manch einem dann verführerisch; vielleicht wächst vereinzelt gar die Sehnsucht nach einer starken Hand. In Russland bedienten 1917 die Bolschewisten diese Sehnsucht und sie packten derart fest und geschickt zu, dass es quasi über Nacht zu einem ‚Einfrieren‘ der Zustände kam: Aus einer Möglichkeit unter vielen wurde ihr Weg zum einzig gangbaren. Weiterlesen